Telepolis | 01.03.2018
Während sich Salon-Menschenrechtler wortreich zu jeder Provokation der AfD inszenieren, entscheiden Verwaltungen brav rechtsstaatlich, aber emotional wie intellektuell ungerührt, im stillen Kämmerlein über menschliche Schicksale
Timo Rieg
Die wichtigste Hürde auf dem Weg nach Deutschland ist für Flüchtlinge ein bürokratischer Akt, der geradezu sinnbildlich für die gesamte staatliche Verwaltung steht: die Zuständigkeitsprüfung. Vier Jahrzehnte lang fand sich in der deutschen Verfassung ein Satz von bestechender Einfachheit: „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.“ Doch seit 25 Jahren folgen diesen vier klaren Worten weitere 275. Ihr Anfang „Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer …“
Die Bundesrepublik Deutschland ist nämlich in den meisten Fällen nach der sogenannten „Dublin-III-Verordnung“ gar nicht befugt, den Anspruch eines Flüchtlings auf Asyl zu prüfen. Dies obliegt regelmäßig dem Staat, über den der Schutzsuchende in die Europäische Union einreist. Ist dieses erste EU-Land nicht Deutschland, so gilt eine sechsmonatige „Überstellungsfrist“, um den Flüchtling in dieses Erstaufnahmeland abzuschieben, wo über seinen Asylantrag entschieden wird. Wird in jenem halben Jahr jedoch nicht abgeschoben, ist im Standardfall dann doch Deutschland zuständig.