Asylbewerber: „Wir sind im Hungerstreik“
Von unserer Redakteurin Stefanie Jani und Susann Hujer
Die erste Demonstration von Asylbewerbern in Künzelsau: Rund 70 Männer forderten am Freitag vor der Unterkunft bessere Verhältnisse.
Künzelsau – Asylbewerber in Künzelsau haben zum ersten Mal in der Geschichte der Kreisstadt demonstriert. Am Freitagmorgen versammelten sich rund 70 Menschen zunächst vor dem Asylbewerberheim in der Würzburger Straße und forderten Nahrung, die nicht abgelaufen ist oder mehr Platz in ihren Unterkünften.
„Ab heute sind wir im Hungerstreik“, sagte Durrani Arif Khan aus Syrien und kritisierte: „Beinahe jeden Tag wird ein anderer unter diesen Voraussetzungen krank.“
Aktion
Die Aktion Hungerstreik planen die Männer seit ungefähr einem Monat. „Das Problem haben wir schon seit zwei Jahren“, wusste einer der Männer. „Jetzt wollen wir endlich für unser Recht sprechen.“ Bereits am Donnerstag war die 70-köpfige Gruppe im Künzelsauer Landratsamt. „Anstatt von Sachleistungen wollten sie ihr Geld ausbezahlt haben“, erklärt Gotthard Wirth, Dezernent für Umwelt und Ordnung, die Forderung. Derzeit bekämen die Asylbewerber eine Art Gutschrift, um in dem Shop in der Würzburger Straße ihre Lebensmittel zu kaufen. In normale Supermärkte können sie damit nicht gehen. „Unsere Recherchen haben ergeben, dass die Lebensmittel in Ordnung sind“, sagt Wirth und betont, abgelaufene oder verdorbene Lebensmittel dürften dort überhaupt nicht verkauft werden.
Die streikenden Männer sehen das anders. Ein Asylbewerber hält ein Netz Kartoffeln hoch, aus denen bereits Triebe wachsen. Zudem sei die Auswahl zu klein. Bei dem Gespräch im Landratsamt sei man sich nicht einig geworden. Deshalb essen die Männer nun gar nichts mehr.
Von einem aktuellen Hungerstreik weiß das Landratsamt wiederum nichts. „Sie haben es gestern angedroht“, erklärt Wirth am Freitagnachmittag. Am Morgen hat im Shop keiner eingekauft, er ist nur jeden Dienstag und Freitag geöffnet. Das sei jedoch noch kein Grund zur Besorgnis. „Dass sie nicht einkaufen waren, heißt ja nicht, dass sie keine Lebensmittel mehr haben.“ Seien die Menschen tatsächlich im Hungerstreik, müsse man sehen, wie es weitergeht und beobachten, ob bei einzelnen die Gesundheit gefährdet sei, sagt Wirth. Auffällig sei, dass die Streikenden am Freitagmorgen zwar auch vor dem Landratsamt waren, aber kein Gespräch mit den Verantwortlichen gesucht hätten. Ebenso wenig hätten sie ihren Hungerstreik angekündigt. Das Landratsamt will an dem bestehenden System festhalten. „So können wir sichergehen, dass die Marken auch für Nahrung eingesetzt werden“, betont Rudi Schmidt, Leiter des Ordnungsamts im Hohenlohekreis.
Überrascht
Dass es überhaupt zu einem Streik gekommen ist, wundert Wirth. Für das sonst so ruhige Asylantenheim in Künzelsau sei das sehr ungewöhnlich und überraschend. Zwar hatte es vor allem im vergangenen Jahr immer wieder Demonstrationen von Berlin bis zum Ostalbkreis mit Hungerstreiks gegeben. In Hohenlohe kannte man solche Aktionen bis dato aber nicht. „Möglicherweise haben sie sich untereinander verständigt“, mutmaßt Schmidt vorsichtig und ergänzt: „Ich denke nicht, dass das nur unsere Leute waren.“
Die Forderungen drehen sich nicht nur ums Essen. Die Asylbewerber leben jeweils zu acht in einem Raum, ein Bad teilen sich 20 Personen. Die Bewohner beschweren sich: Schlechter Schlaf sei an der Tagesordnung, Privatsphäre kenne man nicht. Des Öfteren entstehe deswegen auch Streit unter den Asylbewerbern. „Wir wünschen uns Gleichheit“, erklärt Khan Sherbaz. Er kommt aus Pakistan und meint: „Wir sind alle des Friedens wegen hier.“
Am Montag will die Gruppe noch einmal ins Landratsamt gehen.
15. März 2013
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