Zeit Online | 10.04.2017
Etwa drei Millionen syrische Flüchtlinge sitzen in der Türkei fest, werden ausgebeutet, überleben dank Spenden. Das Abkommen mit der EU hat ihr Los nicht verbessert.
Von Lea Frehse, Izmir
Das mit der Ratte war auch für Yalçın Yanık denkwürdig. Es ist keine drei Wochen her, dass eine syrische Frau in seine Werkstatt kam und um Hilfe bat: Eine Ratte hatte ihr im Schlaf das Ohr angefressen. Yanık brachte sie ins Krankenhaus. „Das sind die Bedingungen, unter denen manche Syrer hier leben“, sagt Yanık.
Izmir, türkische vier-Millionen-Einwohner-Stadt an der Ägäis. Als 2015 Hunderttausende Menschen über das Meer und den Balkan nach Westeuropa flohen, war Izmir ihr Drehkreuz. Flüchtlinge campierten auf der Hafenpromenade, schliefen in Fußgängerzonen und billigen Hotels. Dann schloss die EU ein Abkommen mit der Türkei, und Europas Staaten machten ihre Grenzen dicht. Seither sind die Zelte von Izmirs Straßen genauso verschwunden wie die Willkommensschilder vom Münchner Hauptbahnhof. Aber die Flüchtlinge sind noch da.