23. April 2012 · Kommentare deaktiviert für Transnationaler Newsletter April 2012 · Kategorien: Nicht zugeordnet · Tags:

1. Transnationaler Newsletter Boats4People

Breaking news! Zeitplan und Stationen

Die Eckdaten des Zeitplans für Boats4People sind nun gesetzt: Das Projekt wird am 1. Juli in Cecina, Italien, beginnen, danach sind vom 5. bis zum 7. Juli Aktionen auf Sizilien in Vorbereitung. Im Anschluss daran wird Boats4People mehrere Zwischenstationen in tunesischen Hafenstädten machen. Letzer Stop wird ab 19. Juli Lampedusa sein, wo dieses Pilotprojekt eines gemeinsamen Monitorings zunächst endet. Genaueres ist unten im Abschnitt Reiseroute von Boats4People zu finden.

Die Afroeuropäische Kooperation Boats4People ist als eine Art Karawane mit vielfältigen Aktivitäten zu Land und zu See geplant. Aufgrund der begrenzten Anzahl und Größe der Boote, die bis zum heutigen Tage zur Verfügung stehen, wird der Raum auf den Schiffen, die von Italien nach Tunesien übersetzen, recht knapp sein. Daher werden die TeilnehmerInnen, die nicht auf den Booten selbst mitreisen können, zur Überfahrt nach Tunesien die kommerzielle Fähre am 7. Juli nutzen. Auf dem tunesischen Festland werden wir mit öffentlichen Verkehrsmittel reisen, um zu den Etappen der Aktionen von Boats4People zu gelangen. Wir werden als Kollektiv unterwegs sein, das aus AktivistInnen, ForscherInnen, JournalistInnen und ParlamentarierInnen besteht. In den kommenden Wochen und Monaten der Mobilisierung und Vorbereitung wollen wir eine möglichst große transnationale Aktionsgruppe bilden.

Jedes Jahr werden zahllose Menschen zu Opfern des EU-Grenzregimes. Allein in 2011 starben 1.500 MigrantInnen auf dem Mittelmeer (Quelle:UNHCR). Gleichzeitig kontrolliert die EU-Grenzschutzagentur FRONTEX gemeinsam mit nationalen Grenzpolizeien und mitttels mobiler und stationärer Radarsystemen den gesamten Mittelmeerraum. Boats4People wird die Situation an diesen Außengrenzen der EU untersuchen und dokumentieren, auf welche Weise die EU und FRONTEX in Zusammenarbeit mit libyschen und tunesischen Behörden sowie in Einzelfällen mit der NATO (Operation Active Endeavour) für eine kriminelle Politik und die systematische Verletzung der Menschenrechte verantwortlich sind.

Wir fordern:

  • von der EU ihre gewaltsamen Kontrollen der Seegrenzen zu beenden
  • von den Regierungen Afrikas, mit der Vergangenheit zu brechen und sich zu weigern Rückübernahmeabkommen mit europäischen Ländern und der EU zu unterzeichnen, die zur Verletzung der Menschenrechte von MigrantInnen führen.
  • von allen Ländern die Kriminalisierung derjenigen zu beenden, die MigrantInnen in Übereinstimmung mit dem Seerecht retten, das jedem/r Seefahrer/in vorschreibt, “so schnell wie möglich Personen in Seenot zu Hilfe zu eilen, wenn er von ihrem Hilfebedürfnis Kenntnis erhält” (Art.98 des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen).

Boats4People zielt auf ein Monitoring im Mittelmeer, um Informationen zur Situation der MigrantInnen zu sammeln, diese in den Medien zu verbreiten und damit eine Öffentlichkeit herzustellen, die die Rolle der EU in diesem Zusammenhang aufs schärfste kritisiert. Boats4People nimmt Teil an der Vorbereitung juristischer Verfahren, in denen europäische Militär- oder Grenzkontrollboote die Hilfe an in Seenot Geratene unterlassen haben.

Ein anderer wesentlicher Punkt wird im Aufbau eines Netzwerks von Seeleuten bestehen, die uns im Falle von Menschenrechtsverletzungen auf See benachrichtigen und alarmieren können. Die Kooperation zwischen europäischen und afrikanischen Organisationen, AktivistInnen und ForscherInnen sehen wir als weiteren Schritt hin zu einer verstärkten und langfristigen transnationalen Zusammenarbeit. Mit dieser Mobilisierung rund ums Mittelmeer, in Afrika und Europa wollen wir erreichen, dass diese Region, statt weiterhin ein Massengrab für Flüchtlinge und MigrantInnen zu sein, zum Symbol der Solidarität wird. Unser Ziel ist Bewegungsfreiheit für Alle.

Zum Hintergrund des Projekts

Wir brauchen Boote

Um öffentlichkeitswirksame Aktionen auf See zu starten und um viele BeobachterInnen und ZeugInnen (Journalisten, AktivistInnen, ParlamentarierInnen) dabei zu haben, brauchen wir mehr Boote. Wenn Du eine Idee hast, wo in diesem Zeitraum auf dem Mittelmeer Boote verfügbar sind, dann kontaktiere uns. Im Rahmen unseres Budgets können wir uns bisher eines, hoffentlich zwei leisten. Darüber hinaus wäre es gut, kleinere Begleitboote zu haben. Zur Zeit prüfen wir verschiedene größere Boote, sind aber durchaus sehr offen für Vorschläge. In den folgenden Wochen werden wir sehen, welche der verfügbaren Boote geeignet sind und zum Projekt passen. Informiert uns unter: contact@boats4people.org

Wir brauchen örtliche Unterstützungsgruppen

Wir werden in der nächsten Zeit die Mobilisierungsarbeit für Boats4People intensivieren, und jede/R ist eingeladen, uns in den Vorbereitungen und Bemühungen zu unterstützen, Informationen über die Kampagne zu verbreiten, Geld zu sammeln sowie mehr und bessere Ausrüstung zu beschaffen. Um ein lokales Unterstützungskomitee in Deiner Region zu bilden wende Dich an: support@boats4people.org

Wir brauchen Leute, die zu Land und zu See mit uns reisen

Wir hoffen, dass viele Menschen aus verschiedenen Ländern an Boats4People teilnehmen. Das Projekt ist in einer Kombination von Aktionen zu See und zu Land konzipiert. Wir freuen uns über Interessierte, die an den Vorbereitungen teilhaben und sich in der AktivistInnen-, ForscherInnen- oder der Mediengruppe beteiligen wollen. Ob an einzelnen Stationen der Tour oder für die gesamte Reise, lass uns wissen, ob Du mitfahren möchtest, contact@boats4people.org

Wir brauchen ÜbersetzerInnen

Boats4People ist eine internationale Kampagne und wir versuchen, möglichst viele Menschen damit zu erreichen. Wenn Du Dich an Übersetzungsarbeiten für dieses Projekt beteiligen möchtest, dann setze dich mit dem internationalen Übersetzungsteam in Verbindung, indem du contact@boats4people.org anschreibst. Die meist benötigten Sprachen sind Arabisch, Russisch, Chinesisch.

Wir brauchen dringend weitere finanzielle Unterstützung

Finde kreative Wege des Fundraisings für boats4People. Spenden können über unserer Webseite, per Kreditkarte oder PayPal Account vermittelt werden. Kontaktiere uns, wenn Du irgendwelche Informationen von uns für deine Benefiz- oder Solidaritäts-Veranstaltung brauchst:

support@boats4people.org

Das Projekt beginnt Anfang Juli auf der jährlichen Antirassismuskonferenz in Cecina, die von der italienischen NGO ARCI organisiert wird. Dort wurde im letzten Jahr die Idee für Boats4People ins Leben gerufen. Mindestens ein Boot wird Anfang Juli aus einem toskanischen Hafen nach Süden in See stechen. Verschiedene Proteste gegen Internierung sowie Monitoring per Boot und an Land werden vom 5. bis 7. Juli in Sizilien stattfinden, bevor wir schließlich nach Tunesien aufbrechen. Dort sind in unterschiedlichen Hafenstädten Aktivitäten wie Filmvorführungen, Ausstellungen, Diskussionen und Demonstrationen geplant. Für den 13.7. planen wir in der Stadt Monastir anzukommen, wo das Treffen des internationalen Komitees des Weltsozialforums stattfindet. Der letzte Halt wird dann in Lampedusa sein, dem Symbol der gewaltsamen EU Grenzpolitik. Auch dort sind verschiedene Aktionen in Planung, wie die Teilnahme an einem Filmfestival mit dem Schwerpunkt Migration, das am 19.6. dort beginnen wird.

Reiseroute von Boats4People

Zur Unterstützung des Projekts – Was kannst Du tun?

Spenden gehen an:

Konto: Boats4People, IBAN FR76 1027 80 60 1100 0202 6600 255 BIC: CMCIFR2A

Zeugenschaft

Hört hier den Bericht Abu Kurke’s.

Abu Kurke ist einer der neun Überlebenden jenes Bootes, das zwischen März und April 2011 mit 72 Passagieren zwischen Tunesien und Italien in Seenot geriet. Bis heute ist unklar, warum das Militärschiff und der Helikopter, deren Besatzung sich der höchst gefährlichen Lage, in der sich die Menschen an Bord befanden, bewusst waren, nichts unternahmen. Die parlamentarische Versammlung des Europarats leitete eine Untersuchung dieses Falles ein. Am 29.3. dieses Jahres wurde das Ergebnis veröffentlicht, in dem sowohl die zuständigen italienischen Behörden, die NATO, die Flagstaaten der die Region kreuzenden Schiffe, die libysche Regierung sowie die verantwortungslosen Menschenhändler verurteilt wurden. „Viele Möglichkeiten, das Leben der in Seenot Geratenen zu retten, wurden nicht genutzt.“ Auch unterschlägt die NATO immer noch Logdaten, die die Identitäten der für die Unterlassung der Hilfeleistung Verantwortlichen an Bord von Militärschiff und Helikopter offenlegen würden. Der Report ist zu finden bei PACE Migrationskommitee unter dem Titel : “Lives lost in the Mediterranean Sea: who is responsible?”.

Aufgrund dieses Falles sendeten Menschenrechtsorganisationen Briefe an das Maritime Kommando der NATO und die Mitgliederstaaten, um Aufklärung zu fordern, und die Ereignisse, die zum Tod von 63 Migranten führte, ans Licht zu bringen. Boats4People hat an diesem Aufruf teilgenommen. Der Brief ist zu hier zu finden.

Boats4People ist ein internationales Vernetzugsprojekt, die das Ziel hat, die Rechte von Flüchtlingen und MigrantInnen auf dem Mittelmeer zu verteidigen. Folgende Organisationen sind daran beteiligt:

Internationale Netzwerke

Afrique-Europe-Interact

Euro-African network Migreurop

FIDH (International Federation For Human Rights)

Frankreich

CCFD-Terre Solidaire (Comité Catholique contre la Faim et pour le Développement)

FASTI (Fédération des Associations de Travailleurs Immigrés)

Cimade

GISTI (Groupe d’Information et de Soutien des Immigrés)

RESF 13 (Réseau Éducation Sans Frontières Bouches du Rhône)

Deutschland

Flüchtlingsrat Hamburg (Refugee Council Hamburg)

Welcome to Europe

Italien

ARCI (Associazione Ricreativa e Culturale Italiana)

Mali

AME (Association Malienne des Expulsés)

ARACEM (Association des Refoulés d’Afrique Centrale au Mali)

Marokko

ABCDS (Association Beni Znassen pour la Culture, le Développement et la Solidarité)

GADEM (Groupe antiraciste d’accompagnement et de défense des étrangers et migrants)

Niederlande

All Included

Tunesien

CETUMA (Centre de Tunis pour la Migration et l’Asile)

FTDES (Forum Tunisien pour les Droits Économiques et Sociaux)

Beteiligte Gruppen

Website: www.boats4people.org

Kontakt: contact@boats4people.org

Twitter und Facebook: Boats 4 People

Die derzeitige Lage auf dem Mittelmeer

Trotz fast täglich neu bekannt werdender Todesfälle, trotz regelmäßig öffentlich werdender Rechtsbrüche erscheint das politische Klima in Bezug auf die Situation der MigrantInnen auf dem Mittelmeer unverändert. Allein in einer Märzwoche diesen Jahres versuchten 200 Menschen das Mittelmeer zu überqueren. Sie landeten entweder völlig erschöpft, ausgezehrt und dehydriert auf Lampedusa oder trieben von den Küsten der EU ab. Dabei kommt einer Tragödie gleich, dass wieder fünf Menschen ihr Leben ließen, andere halbtot strandeten, ohne dass Hilfeversuche überhaupt gestartet wurden. Und wieder beobachten wir die offizielle Reaktion der EU und sehen, ohne davon noch überrascht zu sein, das diese Toten und Verletzen kaum kommentiert hingenommen werden.Offizielle Stimmen von Seiten der EU VertreterInnen werden nur vereinzelt hörbar. So verurteilte die EU Kommissarin für Inneres die beschämende Behandlung von Asylsuchenden des Arabischen Frühlings. Auch der hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen kritisierte Europas ‘schizophrene’ Migrationspolitik. Ende März kündigte die EU an, ein ‘Resettlement-Programm’ für Flüchtlinge zu entwickeln, jedoch herrscht bis heute kein Konsens über ein umfassendes Asylsystem, das europaweit verbindlich ist. Stattdessen kündigte Griechenland, ein Staat, den der EU Gerichtshof für Menschenrechte als unzumutbaren

Ort für die Rückschiebung Asylsuchender befand, im März an, dreißig neue Internierungslager mittels EU-Finanzierung zu eröffnen. Im Zuge dieser Ankündigung begannen in Griechenland massive Razzien im Zentrum Athens. Diese pogromartigen Massnahmen resultierten in der Gewahrsamnahme von 2000 Personen, von denen 420 eingesperrt worden sind.

 

Länderkontakte

Deutschland: germany@boats4people.org

Niederlande: info@allincluded.nl

Italien: italia@boats4people.org

Andere: contact@boats4people.org

 

Dieser Newsletter enthält die aktuellen Informationen zum Boats4People Projekt und wird regelmäßig in den kommenden Monaten verteilt werden. Um den Newsletter zu bekommen wendet euch hier. Wir rufen alle AktivistInnen, MigrantInnen und UnterstützerInnen von MigrantInnennetzwerken auf, an unserer Aktion teilzunehmen und dazu beizutragen, dass sich das Mittelmeer von einem Ort der Verweigerung von Rechten in einen Raum der Solidarität und Bewegungsfreiheit verwandelt.

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