Archipel | März 2017
Ende 2016 haben wir den Bürgermeister von Palermo, Leo-Lucas Orlando, getroffen – eine unangepasste, aufmüpfige politische Persönlichkeit. Er verteidigt die Abschaffung von Aufenthaltstiteln, prangert das unmenschliche Europa an und baut mit der sizilianischen Bevölkerung eine Willkommenskultur für Tausende von Geflüchteten und Migrierenden auf, die über die Insel reisen. Hier ein Auszug aus dem Interview.
EBF: Sie sagen, die aktuelle Migrationspolitik Europas sei eine Perversion der grundlegenden Idee Europas.
Orlando: Wir müssen den Migrant_innen dankbar sein, da sie Europa ein menschliches Gesicht gegeben haben. Wir müssen ihnen danken, da sie sagen, dass Europa nicht das Europa der Banken, des Geldes ist, sondern der Menschenrechte. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir in der Zeit der Globalisierung leben. Was ist die Globalisierung? Das ist die Mobilität des Geldes, der Dinge; aber es ist auch die Mobilität der Menschen, der Migrant_innen. Wir sind alle Migrierende. Weil wir alle Mosaike verschiedener Identitäten sind.
Die Gründungsväter hatten eine andere Vision, jene eines Europas der Bürger_innen, der Menschenrechte, nicht ein Europa der Banken. Ich bin überzeugt, dass meine Meinung nicht die eines vereinzelten Intellektuellen ist, sondern die der Bevölkerung. Ich wurde immerhin viermal wiedergewählt. Und Palermo ist nicht die Peripherie der Welt, es ist nicht die Vergangenheit, sondern die Zukunft!
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