22. August 2015 · Kommentare deaktiviert für „Kroatien als Transitland derzeit nicht attraktiv“ · Kategorien: Balkanroute · Tags:

Quelle: Tiroler Tageszeitung

Zagreb (APA) – Kroatien hat anders als seine Nachbarn Serbien und Ungarn keine Probleme mit einem starken Zustrom an Flüchtlingen. Die Zahl illegaler Migranten ist dort im laufenden Jahr sogar eingebrochen. Der Grund: Kroatien sei für Flüchtlinge nicht interessant – weder als Transit- und noch weniger als Zielland, sind sich kroatische Behörden und Sicherheitsexperten einig.

„Die Route über Serbien nach Ungarn sagt den illegalen Migranten besser zu als jene über Kroatien“, erklärte Dragan Babovic, Leiter der Abteilung für Nachbarstaaten bei der Grenzbehörde der kroatischen Polizei, im Gespräch mit der APA. Auf dem Weg über Kroatien gebe es größere Hindernisse, um letztendlich in die gewünschten EU-Länder zu kommen, fügte er in Bezug auf Grenzkontrollen hinzu.

Offizielle kroatische Zahlen zeigen einen starken Rückgang bei illegalen Einreisen: An der Grenze zu Serbien verzeichnete die kroatische Polizei in den vergangenen sieben Monaten insgesamt 118 Aufgriffe. Das sind um 77 Prozent weniger als in der Vergleichsperiode das Vorjahres, als 516 illegale Migranten an diesem Abschnitt der Grenze entdeckt wurden.

„Die Migranten handeln logisch“, betonte der Sicherheitsexperte Igor Tabak vom Internetportal obris.org zur APA. „Wenn sie den Norden Serbiens erreicht haben, ist es rationaler, nach Ungarn zu gehen, das bereits im Schengenraum ist. Aus Ungarn kann man andere EU-Länder ohne besondere Probleme erreichen“, so Tabak.

Kroatien ist EU-Mitglied aber (noch) kein Schengenland, was es als Transitland derzeit nicht interessant mache. Wenn man über die Grenze nach Kroatien kommt, kann man sich noch lange nicht frei in der EU bewegen. Um in den Schengenraum zu gelangen, muss man entweder noch die Grenze zu Slowenien oder Ungarn überqueren. „Zusätzliche Hürden machen uns für illegale Migranten unattraktiv“, sagte Babovic.

Wie Serbien, Mazedonien oder Ungarn ist Kroatien noch weniger als Destinationsland interessant. Die Flüchtlinge wollen weiter in wohlhabendere Länder wie Österreich, Deutschland oder nordeuropäische Länder, betonten sowohl Tabak als Babovic.

Die Möglichkeit, dass sich der Strom illegaler Migranten doch noch nach Kroatien verlagern könnte, sobald Ungarn den geplanten Zaun an der Grenze zu Serbien fertigstellt, steht im Raum. Besorgt zeigen sich die kroatischen Behörden aber nicht und versichern, alles unter Kontrolle zu haben. „Wir schützen die EU-Außengrenze“, sagte Babovic. Er zeigte sich überzeugt, dass man auf verstärkte Migrantenströme würde antworten können. Bereits jetzt hat Kroatien die Kontrollen an seinen Staatsgrenzen verstärkt.

Es bleibe abzuwarten, wie sich die Situation nach der Errichtung des Zauns durch Ungarn entwickeln werde, sagte Babovic. „Zeigt der Zaun Wirkung, stellt sich die Frage, wohin sich die Migrantenströme verlagern werden.“ Neben Kroatien gibt es noch eine weitere Transit-Möglichkeit: Die Flüchtlinge könnten sich über Bulgarien und Rumänien, wie Kroatien ebenfalls EU- aber keine Schengen-Mitglieder, auf den Weg nach Ungarn machen.

Die Migrantenrouten sind laut Experten unvorhersehbar und hängen von mehreren Faktoren ab, darunter auch davon, wie leicht es ist, die sogenannte Grüne Grenzen zu überwinden. Ein wichtiger Faktor ist auch die Tätigkeit von Schlepperbanden. Diese wählten jene Routen, wo sie möglichst leicht den größten Profit aus der Not der Flüchtlinge schlagen könnten, sagte Babovic.

Der Sicherheitsexperte bezweifelt, dass der ungarische Zaun die Flüchtlinge wird aufhalten können. „Er wird nicht schwer zu überwinden sein. Es handelt sich um einen einfachen Drahtzaun“, meinte Tabak. „Solche Barrieren haben sich bisher als nicht besonders effektiv erwiesen, auch hier sollte man keine Wunder erwarten.“ Erst nach einem Schengen-Beitritt Kroatiens steige die Wahrscheinlichkeit für eine ernsthafte Änderung der sogenannten Balkan-Route.

Gelegen kommt der kroatischen Grenzpolizei bei dem Schutz der EU-Außengrenze, dass nur ein relativ kleiner Abschnitt der Grenzlinie zu Serbien auf leicht zugänglichem Gebiet verläuft. Die Grüne Grenze im Osten des Landes wird laut der Polizei schon heute engmaschig überwacht – nicht zuletzt, weil sich Kroatien seit längerer Zeit auf den Schengen-Beitritt vorbereitet. Der Rest der Grenze verläuft entlang der Donau, die nicht so einfach zu überqueren ist.

Ähnlich ist die Situation an der Grenze zu Bosnien-Herzegowina, wo der Grenzfluss Sava und Berge ein Passieren erschweren; auch hier gibt es nur wenige potenzielle „Schwachpunkte“ und „diese Stellen stehen ohnehin im Fokus der kroatischen Bemühungen für eine effiziente Grenzüberwachung“, so der Sicherheitsexperte.

Sollte Kroatien doch mit einem massiven Flüchtlingsstrom konfrontiert werden, versichern die Behörden, auch darauf vorbereitet zu sein. „Im Fall, dass es doch zu einem großen Zustrom an illegalen Migranten kommt, würden wir ihnen bessere Bedingungen bieten als jene, die sie jetzt in öffentlichen Parkanlagen in Serbien haben“, sagte der kroatische Innenminister Ranko Ostojic in einem Interview für das Nachrichtenportal index.hr.

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